Die hintere Blattfeder aus Verbundwerkstoff verspricht mehr Anpassungsfähigkeit und weniger Gewicht.
Bei „Blattfeder“ denkt man oft an klassische Muscle-Cars mit einfachen, gefederten Starrachsen-Hinterachsen oder, um es mit Motorrädern auszudrücken, an Vorkriegsmaschinen mit Blattfeder-Vorderradaufhängung. Wir denken jedoch darüber nach, die Idee für Motocross-Bikes wiederzubeleben.
Obwohl in einfachen, alten Aufhängungssystemen oft Blattfedern zum Einsatz kamen, ist die Feder selbst normalerweise nicht der Grund für ihre mangelnde Raffinesse. Chevrolets Corvette verwendete von der zweiten Generation im Jahr 1963 bis zur Einführung der achten Generation im Jahr 2020 Querblattfedern an Einzelradaufhängungen und führte in den 1980er Jahren Einzelblattfedern aus Verbundkunststoff ein. Weniger bekannt ist, dass Volvo in mehreren seiner neuesten Modelle Querblattfedern aus Verbundwerkstoff verwendet. Bei richtiger Verwendung können Blattfedern aus modernen Materialien leichter sein als Stahlfedern, und in einigen Fällen lässt sich ihre lange, flache Form leichter verpacken. Verbundblattfedern, die aus einem Stück und nicht aus den übereinander gestapelten Blättern traditioneller Metallblattfedern bestehen, vermeiden auch die Reibung der aneinander reibenden mehreren Blätter, die einen der Hauptnachteile älterer Konstruktionen darstellte.
Blattfedern gab es schon früher bei modernen Motocross-Motorrädern. Yamahas Werkscrosser YZM250 0WE4 aus den Jahren 1992–1993 verwendete hinten eine einzelne Verbundblattfeder, deren Vorderteil unter dem Motor festgeklemmt und das Hinterteil an einer Umlenkung unterhalb der Schwinge verschraubt war. Beim Anheben des Hinterrads federte die Blattfeder, wodurch die Federung gewährleistet wurde. Die Idee dahinter war, den Bereich, in dem normalerweise die hintere Feder und der Dämpfer sitzen, freizuhalten und so einen geraderen Ansaugweg für den Motor zu ermöglichen. Zusätzlich wurde ein kompakter Rotationsdämpfer eingebaut, und das Motorrad gewann sowohl 1992 als auch 1993 die All-Japan Championship.
Unser neues Design, das in einer Patentanmeldung des österreichischen Unternehmens vorgestellt wurde, bezieht sich auf Yamaha und weist ähnliche Vorteile hinsichtlich der Verpackung auf, verwendet jedoch ein anderes Layout. Wie auf den Bildern zu sehen ist, haben wir das Blatt in nahezu vertikaler Ausrichtung platziert, dicht an der Rückseite des Motors, um den Raum freizugeben, der normalerweise von einem Gewindefahrwerk eingenommen wird (das Patent bestätigt, dass das führende Bild zwar das System über einem Bild eines herkömmlichen Motocrossers zeigt, die auf dem Bild gezeigte Schraubenfeder jedoch nicht vorhanden wäre).
Ober- und Unterseite der Feder sind jeweils fest mit den Enden der Gestänge verbunden. Das obere Gestänge ist schwenkbar am Hauptrahmen des Motorrads montiert, während das untere Gestänge an einer Halterung unter der Schwinge schwenkbar ist. Dadurch wird die Verbundblattfeder beim Aufwärtsbewegen der Schwinge gebogen. Zur weiteren Verstellbarkeit ist die Länge des oberen Gestänges über ein Gewinde und einen Einstellknopf verstellbar, wodurch sich die Vorspannung im System leicht erhöhen oder verringern lässt.Das Patent zeigt zwar keinen Dämpfer für das Heck, bestätigt aber, dass ein konventioneller Dämpfer zur Steuerung der Hinterradaufhängung verwendet werden würde. Dieser müsste jedoch kompakter als ein normaler Stoßdämpfer sein oder anders montiert werden, damit KTM die Vorteile der Blattfeder nutzen kann, die vor allem auf den dadurch gewonnenen Platz zurückzuführen sind. Das Patent legt nahe, dass dieser Platz genutzt werden könnte, um Teile des Antriebsstrangs wie beispielsweise Airbox, Ansaugtrakt oder Schalldämpfer größer oder effizienter zu gestalten. Darüber hinaus könnte das Design bei zukünftigen Elektro-Motocross-Bikes mehr Flexibilität bei der Auslegung ermöglichen.
Neben den Verpackungsvorteilen ist die Einstellbarkeit ein weiterer Vorteil des Systems. Unser Patent zeigt, wie sich das Verhalten der Federung durch eine Änderung der Länge oder Form der Gestänge an den beiden Federenden verändern lässt. Eine Abbildung (Abb. 7 im Patent) zeigt vier verschiedene Hebelanordnungen zur Änderung des Federungsverhaltens: von steigender Federrate (7a) zu konstanter Federrate (7b) und abnehmender Federrate (7c und 7d). Diese radikal unterschiedlichen Verhaltensweisen werden ohne Änderung der Feder selbst erreicht.
Wie immer ist eine Patentanmeldung keine Garantie dafür, dass eine Idee auch in die Produktion geht. Die Verpackungsvorteile des Blattfeder-Hinterbaus könnten jedoch zunehmend wertvoller werden, insbesondere in Zukunft, da Elektroantriebe die Ingenieure dazu zwingen, die konventionellen Konstruktionen zu überdenken, die im Laufe eines Jahrhunderts mit Motorrädern mit Kolbenmotor perfektioniert wurden.
Veröffentlichungszeit: 12. Juli 2023